Differenzierung von Asthma, COPD, Lungenemphysem und Lungenfibrose

GINA-Empfehlung für das Asthma bronchiale

Die GINA-Empfehlung für das Asthma bronchiale wurde 2014 grundlegend überarbeitet. Es ist davon auszugehen, dass die nationale Leitlinie „Asthma bronchiale“ bis zur nächsten COPD-Tagung in Hattingen ebenfalls aktualisiert sein wird. Gemäß GINA 2014 ist das Asthma bronchiale eine heterogene Erkrankung und charakterisiert durch eine chronische Entzündung der Atemwege mit Auftreten typischer Symptome wie Atemnot, Brustenge, Giemen und Husten. Diese können im zeitlichen Verlauf und in ihrer Intensität variieren, zusammen mit einer variablen exspiratorischen Atemflusslimitierung. Im Vergleich zur alten Definition fällt die Betonung auf „heterogen“.

Dies ist eine Konsequenz der beträchtlichen wissenschaftlichen Fortschritte in der Charakterisierung von Asthma-Phänotypen. Weggefallen ist der Bezug auf die bronchiale Hyperreagibilität und die zumindest teilweise Reversibilität der Atemwegsobstruktion. Warum in der GINA 2014-Empfehlung auf das Hyperreagibilitätskriterium verzichtet wurde, ist schlecht nachvollziehbar, da dieses Merkmal charakteristisch ist und gegenüber anderen obstruktiven Atemwegserkrankungen abgrenzt. Der Verzicht auf das Reversibilitätskriterium der Atemwegsobstruktion ist hingegen nachvollziehbar, da mit diesem Kriterium keine Abgrenzung zur COPD oder zum ACOS (siehe weiter unten) gelingt.

Die Diagnose „Asthma bronchiale

Die Diagnose „Asthma bronchiale“ begründet sich somit nach GINA 2014 auf dem funktionellen Nachweis einer Obstruktion mit teilweiser oder vollständiger Reversibilität unter Therapie (Zunahme der FEV1 von 12% oder 200ml und mehr nach Inhalation eines Bronchodilatators oder nach mindestens 4-wöchiger antientzündlicher Therapie). Der Begriff „Asthma-Kontrolle“ bezieht sich nun auf die Symptome über die letzten 4 Wochen, die Persistenz der eingeschränkten Lungenfunktion sowie therapierelevante Faktoren wie Inhalationstechnik, Therapietreue und Nebenwirkungen. Erstmals wird klar zum Ausdruck gebracht, dass der Begriff Kontrolle sich auch auf die vorhandenen Komorbiditäten bezieht, zum Beispiel eine Rhinokonjunktivitis, eine Reflux-Problematik, das Übergewicht, eine obstruktive Schlafapnoe, Depression oder Angst, die diagnostiziert und behandelt werden sollen.

Der Begriff COPD

Der Begriff COPD (chronic obstructive pulmonary disease) steht für chronisch-obstruktive Lungenerkrankung. Bei der COPD kommt es zu einer Verengung (Obstruktion) der Atemwege, die sich im Regelfall durch Anwendung von geeigneten Medikamenten nicht vollständig zurückbildet. Die zu Grunde liegenden Lungenveränderungen bleiben lebenslang bestehen und schreiten in der Regel kontinuierlich oder schubweise fort. Der Schweregrad der Erkrankung wird mit Hilfe einer Spirometrie (Lungenfunktionsprüfung) ermittelt.

Bei der COPD finden sich zwei unterschiedlich intensiv ausgeprägte Komponenten: 1) Das Lungenemphysem ist charakterisiert durch eine Zerstörung der Lungenbläschen (Alveolen). Es kommt zur Bildung unterschiedlich großer, luftgefüllter Blasen und der Gasaustausch ist in fortgeschrittenen Stadien unter körperlicher Belastung oder bereits in Ruhe vermindert. Diese Komponente der Erkrankung lässt sich am besten mit einer Computertomographie des Thorax erkennen und quantifizieren. 2) Die chronische (obstruktive) Bronchitis ist gemäß WHO-Definition erkennbar an chronisch-produktivem Husten über mindestens drei Monate in zwei aufeinanderfolgenden Jahren. Chronische Bronchitis und Lungenemphysem können zusammen in verschiedenen Ausprägungen auftreten, die Übergänge sind dabei fließend.

Nicht immer ist eine eindeutige Differenzierung von Asthma bronchiale und COPD möglich.

Für diese Mischform wurde von den Experten der GINA- und der GOLD-Initiative 2014 erstmals der Begriff Asthma-COPD-Overlap-Syndrom (kurz ACOS) geprägt. Als unabdingbare Voraussetzung für ein ACOS wird das Vorliegen einer dauerhaften Atemwegsobstruktion gefordert. Im Umkehrschluss kommt ein ACOS nicht infrage, wenn die Obstruktion durch Einsatz von Bronchodilatatoren komplett reversibel ist. Typischerweise sind ACOS-Patienten älter als 40 Jahre, da eine COPD bei jüngeren Patienten normalerweise nicht vorkommt. Erste Publikationen zeigen, dass ACOS-Patienten relativ viele Medikamente benötigen, da eine vermehrte Symptomatik vorliegt und Exazerbationen häufiger als bei der COPD auftreten. Als Klassiker gilt der Patient, der als Kind oder Jugendlicher bereits unter einem Asthma bronchiale litt und später angefangen hat zu rauchen, sodass sich ein Mischbild entwickeln konnte. Ein weiteres Erscheinungsbild ist z. B. bei Patienten zu finden, die nie an einem Asthma bronchiale erkrankt sind, aber unter einer allergischen Rhinokonjunktivits (z.B. Heuschnupfen) leiden. Kommt auch hier der Faktor Rauchen oder eine andere – oft berufliche – Noxe hinzu, kann ein ACOS entstehen. Es ist zu vermuten, dass zirka 15-20% aller Patienten mit Asthma bronchiale oder COPD die Kriterien für ein ACOS erfüllen. Die Diagnose sollte nur nach ausführlicher Diagnostik (Lungenfunktion, Computertomographie des Thorax, Hauttest, Eosinophile im Blut, etc.) gestellt werden. Die Behandlung erfolgt überwiegend wie bei einem Asthma bronchiale, d.h. inhalierbare Steroide stehen definitiv an erster Stelle, und zwar in Kombination mit einem Betamimetikum. Bei weiterhin symptomatischen Patienten kann man – wie neuerdings auch beim Asthma bronchiale - ein langwirksames Anticholinergikum [Zulassung momentan nur für Tiotropiumbromid (Spiriva Respimat™)] hinzugeben.

Lungenfibrose eine Erkrankung des Lungengewebes

Die Lungenfibrose ist eine Erkrankung des Lungengewebes, die durch verstärkte Bildung von Bindegewebe zwischen den Lungenbläschen (Alveolen) und den sie umgebenden Blutgefäßen gekennzeichnet ist (Wikipedia, 2015). Oft findet sich ein Nebeneinander von Bindegewebsvermehrung und Entzündung der Lungenbläschen.  Im weiteren Verlauf weichen die Entzündungsherde einer narbigen Fibrosierung mit Zerstörung der umgebenden Lungenstruktur. Dieser unterschiedlich rasch fortschreitende Fibrosierungsprozess kann tödlich enden. Es gibt zahlreiche Krankheitsbilder, die zu einer Lungenfibrose führen. Sie gehören zur Gruppe der interstitiellen Lungenerkrankungen.

Ist die Ursache unbekannt, bezeichnet man die Erkrankung als idiopathische interstitielle Pneumonie, deren häufigster Vertreter die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF = idiopathische Lungenfibrose) ist. Eine Lungenfibrose mit bekannter Ursache ist die exogen allergische Alveolitis (z.B. verursacht durch Einatmung von Vogelproteinen). Die Diagnose wird gestellt anhand des typischen Befundes im Röntgenthoraxbild oder besser noch im CT des Thorax, einer Lungenfunktionsprüfung und in unklaren Fällen einer Lungenbiopsie. Im Regelfall kann aber auf eine nicht immer risikolose Biopsie verzichtet werden, wenn zum Beispiel der Befund von bronchoalveolärer Lavage (Bronchoskopie mit Lungensegmentspülung) und der bildgebenden Darstellung der Lungenstruktur mittels CT und / oder die Laborbefunde richtungweisend sind. Bei Lungenfibrosen kann es sich bei endsprechender Exposition am Arbeitsplatz um eine Berufserkrankung handeln. Ein gutes Beispiel ist die Asbestose, also eine Fibrose der Lunge durch lokale Reaktion auf den eingeatmeten Asbestfaserfeinstaub.

Kombination aus Lungenfibrose und Emphysem

Die Kombination aus Lungenfibrose und Emphysem (COPD) [engl.: Combined Pulmonary Fibrosis and Emphysema (CPFE)] ist ein neu definiertes Syndrom, bei dem ein zentrilobuläres und / oder paraseptales Emphysem in den oberen Lungenabschnitten mit einer Lungenfibrose in den unteren Lungenarealen vergesellschaftet ist. Diese Patienten sind gekennzeichnet durch eine Lungenfunktion mit oft erstaunlich gering verminderten dynamischen und statischen Lungenvolumina. Im Gegensatz dazu findet sich oft eine überraschend stark ausgeprägte Gasaustauschstörung mit schwerer Hypoxämie. Bei Patienten mit CPFE findet sich überzufällig häufig ein Lungenhochdruck, der die Prognose der Betroffenen ungünstig beeinflusst. Rauchen wurde als der wichtigste Faktor für die Entstehung dieser Erkrankung vorgeschlagen, obwohl die genaue Pathophysiologie noch nicht abschließend erforscht ist. Die hochauflösende Computertomographie des Thorax ist der Goldstandard in der Diagnostik dieser seltenen Erkrankung mit schlechter Prognose.
Rauchstopp ist die wichtigste therapeutische Maßnahme.

Auf dem Symposium Lunge 2015 in Hattingen wurden die hier vorgestellten Krankheitsbilder und deren Überlappungssyndrome als Fallvorstellungen präsentiert. Dabei wurde der Versuch einer Differenzierung einerseits und der Darstellung von Gemeinsamkeiten dieser Krankheitsbilder andererseits anhand charakteristischer Befunde unternommen.


Prof. Dr. Helmut Teschler, Ärztlicher Direktor des Westdeutschen Lungenzentrums am Universitätsklinikum Essen, (8. Symposium Lunge in Hattingen/NRW).


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