Normales Schlafverhalten

Der 24 h dauernde Tag des Menschen ist charakterisiert durch eine typische, sog. zirkadiane Rhythmik mit einem Wechsel zwischen Wach- und Schlafphase. Eine Schlafneigung ist nicht nur in der Dunkel- bzw. Nachtphase vorhanden, sondern auch am frühen Nachmittag. Gerade der Nachtschlaf wird allgemein als die Phase des Menschen aufgefasst, in der er sich sowohl geistig wie auch körperlich von der Wachphase, also dem bewusst erlebten Tag, erholen kann oder zumindest erholen soll. Der Nachtschlaf ist charakterisiert durch eine rhythmische Abfolge verschiedener Schlafstadien. Man unterscheidet an Hand der Gehirnschrift, der Muskelanspannung und der Augenbewegungen Leicht-, Tief- und Traumschlafphasen. Der Traumschlaf wird auch als sog. REM-Schlaf, was engl. für Rapid Eye Movements steht, bezeichnet. Traumschlaf und auch Leichtschlaf sind auch schon beim Gesunden besonders anfällig für Störungen der Regulation von Atmung und Kreislauf. Diese Störanfälligkeit hat für den Gesunden aber in der Regel keine krankmachende Wirkung.

Auswirkungen der COPD auf den Schlaf

Anders ist dies der Fall beim chronisch Lungenerkrankten. Der Schlaf muss nämlich gerade bei Patienten mit COPD und Lungenemphysem nicht immer nur eine ausruhende Wirkung und Funktion haben. Einerseits kann er bei COPD-Patienten durch die auch schon tagsüber vorhandenen Atemwegssymptome wie Husten, Auswurf und Luftnot erheblich gestört sein. Hinzu kommen störende Einflüsse der typischen, meist chronisch genommenen COPD-Medikamente, aber auch von depressiven Verstimmungszuständen, die häufig beim COPD-Patienten vorkommen können. Andererseits führt der Schlaf – wie oben aufgezeigt auch schon beim Lungengesunden – zu Veränderungen von Atmung und Kreislauf, die bei bestehender Lungenerkrankung krankhafte Bedeutung erlangen können. Schlaf und Atmung haben also bei Patienten mit COPD und Lungenemphysem wechselseitige Beziehungen, die nachfolgend im Hinblick auf ihre klinische Bedeutung näher dargestellt werden sollen.

Welchen Einfluss haben COPD und Lungenemphysem auf den Schlaf?

Verschiedene Ursachen führen bei Patienten mit COPD und Lungenemphysem häufig zu einem gestörten Schlaf. Durch eine tageszeitlich abhängige Veränderung der Aktivität des vegetativen Nervensystems (sog. Zunahme des Vagotonus) tritt eine Verengung der Atemwege (die sog. Atemwegsobstruktion) besonders ausgeprägt im Schlaf auf. Die Zunahme der Atemwegsobstruktion kann zu Luftnot- und Hustenanfällen und damit auch zu Weckreaktionen führen, wodurch wiederum der Schlaf erheblich gestört wird. Durch die Atemwegsobstruktion kann es gleichzeitig aber auch zu einer Zunahme des Rückflusses von Magensäure in die Speiseröhre (sog. gastro-ösophagealer Reflux) kommen, der wiederum auch zu Weckreaktionen führt oder aber zu einer Zunahme der Atemwegsobstruktion. Dieses führt wiederum zum Auftreten von Atemwegssymptomen während des Schlafs. Darüber hinaus sind fast alle Medikamente, die zur Behandlung der COPD angewandt werden, in der Lage, den Schlaf zu stören. Ganz besonders trifft dies für Theophyllin wie auch für die ß2-Sympathomimetika zu. Theophyllin hat Koffein-ähnliche Wirkung, ß2-Sympathomimetika können Stresshormon-ähnliche Wirkungen hervorrufen, beides also Wirkungen, die einem ungestörten Schlaf entgegenstehen können. Auch kann eine systemische Kortisontherapie zu erheblichen Schlafstörungen führen. Ein letzter, bisher vielleicht wissenschaftlich noch nicht ausreichend untersuchter Aspekt von Schlafstörungen bei COPD ist die im Rahmen der Grunderkrankung u. U. auftretenden Depressionsneigung. Für depressive Verstimmungszustände sind nämlich gerade Schlafstörungen sehr charakteristisch.

Es wundert daher nicht, dass Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen doppelt so häufig wie Lungengesunde Ein- und Durchschlafstörungen aufweisen. Der gestörte bzw. nicht ausruhende Schlaf führt dann häufig zu einer vermehrten Tagesschläfrigkeit mit gesteigerter Einschlafneigung.

Welchen Einfluss hat der Schlaf auf COPD und Lungenemphysem?

Im Schlaf wird typischerweise die Liegeposition eingenommen. Hierdurch kommt es – auch unabhängig vom Schlafeintritt – bereits zu einer Abnahme der Lungenvolumina und manchmal auch zu einer Zunahme des gastro-ösophagealen Refluxes (s.o.). Bei starker Übergewichtigkeit ist dieser Effekt besonders ausgeprägt, da die Bauchweichteile den Brustkorb zusätzlich einengen. Auch führt die Liegendposition nicht selten zu einer Zunahme des Widerstandes der oberen Atemwege, da auch hier die Halsweichteile den Gesetzen der Schwerkraft folgen, wodurch eine zusätzliche Einengung der Schlundregion hervorgerufen wird. Tritt dann der Schlaf ein, führt dieser wiederum zusätzlich durch Abnahme des Atemantriebs sowie der Muskelspannung und durch eine hieraus resultierende Zunahme des Widerstandes der oberen Atemwege zu einer messbaren Abnahme des Atemminutenvolumens, also der Menge Luft, die in der Minute in die Lunge einströmt bzw. wieder aus ihr herausströmt. Beim Lungengesunden hat dies keinen Krankheitswert, beim Patienten mit COPD und Lungenemphysem können hierdurch aber kritische Verschlechterungen der Blutgaswerte in Form eines vorübergehenden Abfalls des Sauerstoffdruckes (O2) bzw. Anstiegs des Kohlendioxiddruckes (CO2) entstehen. Letzteres kann dann am anderen Morgen zu Kopfschmerzen, allgemeiner Abgeschlagenheitsgefühl, Müdigkeit beim Aufstehen bis hin zur Benommenheit führen. Schon bei am Tage noch normale Blutgaswerte aufweisenden Patienten mit COPD treten in mehr als 30% krankhafte nächtliche Sauerstoffabfälle auf, die aber nicht ihre Ursache in einer Schlafapnoe haben, sondern durch die beschriebenen schlaftypischen Veränderungen der Atmung bedingt sind. Am häufigsten ereignen sich diese Sauerstoffabfälle im Traum-Schlaf (REM-Schlaf, s. o.). Sie sind meistens bedingt durch eine starke Abflachung der Atmung (eine sog. Hypoventilation), wodurch es gleichzeitig auch zu einem Anstieg des CO2-Wertes im Blut kommt. Diese nächtlichen Veränderungen des O2- und CO2-Profils werden vor allem bei COPD-Patienten, die tagsüber mit ihren Blutgaswerten gerade noch im Normbereich liegen, beobachtet. Als klinische Auswirkungen werden eine Verschlechterung der Schlaf- und Lebensqualität, aber auch die Förderung eines Lungenhochdrucks oder sogar eine erhöhte Sterblichkeit diskutiert. Letzteres scheint aber nur bei denjenigen COPD-Patienten eine wesentliche Bedeutung zu haben, die zusätzlich unter einer Schlafapnoe evtl. in Kombination mit einer Übergewichtigkeit leiden. Ganz sicher weisen aber Patienten mit COPD und nächtlichen Sauerstoffabfällen eine deutlich gestörte Schlafstruktur auf, die auch Auswirkungen auf die Tagesbefindlichkeit haben kann.

Was kann man tun?

Hat ein COPD-Patient Schlafstörungen, ist er tagsüber müde oder wacht er regelmäßig morgens mit Kopfschmerzen auf, so ist eine genaue Untersuchung des Schlafs notwendig. Ist die COPD noch nicht optimal therapiert, so ist dies zu allererst anzustreben. Hierzu zählt ggf. auch der Einsatz antidepressiv wirksamer Substanzen, der aber nur nach genauer fachärztlicher Untersuchung und Abwägung aller Vor- und Nachteile erfolgen sollte. Gerade die Entwicklung von 12 h oder sogar 24 h wirksamen Medikamenten gegen die Krankheitserscheinungen der COPD bedeutet auch im Hinblick auf eine Verbesserung des Schlafes einen deutlichen Fortschritt für den Patienten. Andererseits sollten aber auch die vom Patienten genommenen Medikamente im Hinblick auf eine mögliche Auslösung von Schlafstörungen überprüft und ggfs. umgestellt werden. Theophyllin ist in diesem Zusammenhang die sicherlich am ehesten Schlafstörungen hervorrufende Substanz, die zudem auch noch den Rückfluss von Säure in die Speiseröhre unterstützt. Bei Schlafstörungen sollte diese Substanzgruppe also eher abgesetzt werden als z. B. inhalativ wirksame COPD-Medikamente. Dennoch muss betont werden, dass die medikamentöse Einstellung eines COPD-Patienten auch im Hinblick auf Nebenwirkungen der Medikamente im Schlaf stets eine individuelle Maßnahme ist. Was dem einen Patienten sehr gut hilft und was dennoch keine Nebenwirkungen macht, kann beim anderen Patienten vielleicht das Gegenteil bewirken.

Untersuchungsmethoden

Spezielle Schlaffragebögen ähnlich wie bei Schlafapnoe-Patienten lassen dann weiterhin abschätzen, wie ausgeprägt z. B. die Tagesmüdigkeit des Betreffenden ist. Durch eine in der Regel zunächst ambulant durchführbare Messung der Atmung im Schlaf kann dann entschieden werden, ob eine Schlaflaboruntersuchung (eine sog. Polysomnographie) erforderlich ist. Auch sollten sich COPD-Patienten, die tagsüber schon grenzwertige Blutgaswerte aufweisen, einer ambulanten Messung der Atmung im Schlaf unterziehen, um frühzeitig zu entscheiden, ob weitere Therapiemaßnahmen wie eine nächtliche Sauerstofftherapie oder eine Beatmungstherapie erforderlich sind. Diese ambulante Untersuchung kann in der Regel bei jedem niedergelassenen Pneumologen oder in entsprechend für die ambulante Patientenversorgung zugelassenen Krankenhausabteilungen erfolgen. Die Schlaflaboruntersuchung dient dann der Feststellung von Art und Schwere der vorliegenden schlafbezogenen Atmungsstörung. Sie entspricht vom technischen Umfang her der Untersuchung wie bei Schlafapnoe-Syndrom. Die Polysomnographie wird aber bei COPD-Patienten meistens noch durch eine kontinuierliche Messung der CO2-Werte im Blut über eine durch die Haut wirksame Messsonde (sog. Transcutane Messung) erweitert. Wegen des zusätzlichen technischen Aufwandes, aber auch wegen der in der Regel höheren Erkrankungsschwere werden Polysomnographien, also Schlaflaboruntersuchungen, bei COPD-Patienten im Allgemeinen unter stationäre Kontrolle durchgeführt.

Optionale Therapieverfahren

Wird dann eine Sauerstoffunterversorgung des Patienten im Schlaf oder sogar eine krankhafte Erhöhung des CO2-Wertes festgestellt, so können entweder eine Sauerstofftherapie und/oder eine Masken-Beatmungstherapie erforderlich werden. Eine Sauerstoffgabe im Schlaf kann bei COPD-Patienten zu einer Verbesserung des Schlafprofils führen. Hierbei muss aber auch der CO2-Wert im Blut genau überwacht werden, der nämlich durch eine Sauerstoffgabe weiter ansteigen kann. In diesem Fall kann u. U. anstelle einer nächtlichen Sauerstoffgabe auch eine Maskenbeatmung erforderlich werden, da nur diese die im Schlaf bei COPD-Patienten auftretende Atemabflachung beeinflussen kann. Wir sprechen dann von einer sog. häuslichen Beatmungstherapie, auf die der Patient ähnlich wie ein Schlafapnoe-Patient eingestellt werden muss.

In jedem Fall muss gerade beim Patienten mit COPD und Lungenemphysem eine sehr differenzierte Analyse der Atmung im Schlaf erfolgen, damit ihm die bestmögliche Therapie zukommen kann.


Prof. Dr. Kurt Rasche HELIOS Klinikum Wuppertal - Klinikum der Universität Witten/Herdecke (4. Symposium Lunge in Hattingen/NRW).


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