Compliance bedeutet die Fähigkeiten von Arzt und Patient effektiv miteinander zu kommunizieren.
Insofern hat sich der Compliancebegriff gewandelt und ist Basis für eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Arzt und Patienten.
Als Ergebnis dieser optimalen Arzt-Patienten-Kommunikation lassen sich die Therapietreue und die Therapieeffizienz deutlich erhöhen.
Besonders bei chronischen Krankheiten wie Asthma und COPD bestimmt das Ausmaß der Compliance den Therapieerfolg.
Wirksamkeit einer Therapie ist das Produkt aus Wirkung eines Medikamentes (pharmakologisch definiert, nicht variabel) und Compliance (steigerbar, variabel).
Die Compliance ist direkt korreliert mit einem höheren Kontrollgrad sowohl bei Asthma, wie auch bei COPD. Hohe Compliance bedeutet – so sagen wesentliche wissenschaftliche Studien – eine geringere Sterblichkeit, eine verminderte Krankheitsschwere, sinkende Therapie – und damit sinkende Krankheitskosten.
Somit ist die Compliance ein wichtiges Stellglied zur Kostensenkung im Gesundheitswesen und erhöht gleichermaßen die Zufriedenheit von Arzt und Patient.
Der Complianceverbesserung gehört deshalb oberste Priorität sowohl aus der Sicht der Behandler als auch aus der Perspektive der Kostenträger.
Chronische Erkrankungen wie Asthma bronchiale oder COPD erfordern eine chronische, d.h. eine über lange Zeit anhaltende Behandlung. Um eine solche Langzeit-Therapie erfolgreich durchzuführen, bedarf es der andauernden Mitarbeit des Patienten.
Das wiederum setzt voraus, dass das Verhalten des Patienten mit den Empfehlungen und Ratschlägen des Arztes übereinstimmt.
Anders gesagt bedeutet das: Die Vereinbarungen zwischen Arzt und Patient müssen von beiden Seiten, von Patient und Arzt, akzeptiert werden; der Patient muss die vereinbarten Maßnahmen auch durchführen wollen und durchführen können. Diese Therapietreue nennt man auch Patienten-Compliance.
Vielfach scheint es um die Patienten-Compliance jedoch schlecht bestellt zu sein. Nur so lassen sich die erheblichen Abweichungen zwischen Wunsch und Anspruch an eine moderne Atemwegstherapie und den theoretischen Möglichkeiten auf der einen Seite und der therapeutischen Wirklichkeit auf der anderen Seite erklären.
Im nachfolgenden Beitrag soll deshalb diskutiert werden, wie es zu dieser Diskrepanz kommt und was getan werden kann, um Patienten zur verstärkten Mitarbeit bei der Therapie zu veranlassen, um also die Patienten-Compliance und das Therapieergebnis zu verbessern.
Mögliche Ursachen eines ausbleibenden Therapieerfolges
Schon die Frage nach den Ursachen für das Ausbleiben des vom Patienten und vom behandelnden Arzt gleichermaßen gewünschten Therapieerfolges lässt erkennen, dass die Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit für viele chronische Erkrankungen gelten wird.
Die Analyse der Ursachen zeigt nämlich, dass diese sowohl auf ärztlicher als auch auf Patientenseite liegen und dass diese in beiden Fällen den Therapieerfolg mindern können.
Ursachen mangelnder Compliance
Den Ursachen für den ausbleibenden Therapieerfolg ist zu entnehmen, dass dafür natürlicherweise nicht nur das Verhalten des Patienten verantwortlich ist – andere Faktoren und Beteiligte spielen dafür in gleicher Weise eine Rolle.
Dennoch soll nachfolgend, da sich ja der Beitrag vor allem an Patienten richtet, deren Beteiligung am ausbleibenden Therapieerfolg betrachtet werden, d.h. es geht im Folgenden vor allem um die Betrachtung der Patienten-Compliance.
Grundüberlegung ist dabei folgender Gedanke: Gelänge es, eine Annäherung zwischen den Vorstellungen und dem Verhalten des Patienten auf der einen Seite und den Empfehlungen und Ratschlägen des Arztes auf der anderen Seite zu erreichen, könnte der Therapieerfolg zweifellos verbessert werden.
Es sind deshalb folgende Fragen zu klären:
- „Welches sind die Ursachen mangelnder Patienten-Compliance?“
- „Wie kann man die compliance-hindernden Einflüsse zurückdrängen?“
Zu den compliance-hindernden Ursachen sind zu zählen:
Der Wissensmangel der Patienten und die daraus häufig resultierende Unkenntnis, z.B. über
- die Krankheit selbst und deren Verlauf.
- die wechselnden Krankheitsaktivitäten und was in welcher Situation zu tun ist.
- die einzelnen therapeutischen Maßnahmen.
- die Wirksamkeit, den Wirkungseintritt und die Wirkungsdauer einzelner Medikamente.
- die Details zu verschiedenen Medikamentengruppen und abhängig davon Details zu deren
Einsatz
- die Notwendigkeit, einer chronischen Erkrankung mit einer Langzeit-Therapie zu begegnen.
Wer wenig weiß, kann vieles falsch verstehen und so – wider besseren Wissens – auch vieles falsch machen. An erster Stelle ist beim Patienten Krankheitsverständnis zu erzeugen. Erst aus Krankheitsverständnis folgt Therapieverständnis. Wenn der Patient z.B. nicht weiß oder akzeptiert, dass es sich bei Asthma oder COPD um chronische Krankheiten handelt, die den Betroffenen meist ein Leben lang begleiten, wird er nicht verstehen, warum die Therapie langanhaltend, oft ein Leben lang durchgeführt werden muß.
Die Handhabungsmängel der Patienten und die daraus resultierende fehlerhafte Anwendung von Medikamenten, wie z.B. das falsche Inhalieren mit einem Dosieraerosol oder einer Pulverinhalation.
Wer die richtige Anwendung seines Inhalationssystems nicht kontrolliert geübt hat, kann vieles falsch machen und die Wirksamkeit des Medikaments herabsetzen oder gar zunichte machen.
Das fehlende Vertrauen des Patienten und die daraus resultierende innere Ablehnung der Therapiemaßnahme, z.B. durch
- fehlendes Vertrauen in die positiven Wirkungen des Medikaments.
- schlechte Erfahrungen mit einem Medikament und Verallgemeinerung der negativen Erfahrungen.
- unkontrollierte Ängste vor Nebenwirkungen von Medikamenten ganz allgemein oder des verordneten Medikaments, z.B. beim inhalativen Cortison.
- Vertrauensmangel zum behandelnden Arzt.
Wer zum Therapeuten, zur Behandlung oder zum Medikament wenig oder kein Vertrauen hat, wird der vereinbarten therapeutischen Maßnahme ausweichen und so den Therapieerfolg gefährden.
Verstärker mangelnder Compliance
Die soeben genannten Ursachen der Compliance-Verweigerung können noch verstärkt werden, wenn
- die Anzahl der für die Behandlung notwenigen Medikamente relativ groß ist.
- die Häufigkeit der Applikation pro Tag (d.h. die Häufigkeit der Tablettengabe oder die Anwendung der Inhalationen) besonders groß ist. (Beispiel: 3 x täglich 2 Tabletten)
Außerdem beeinflussen andere Faktoren die Compliance negativ, z.B. wenn
- die Erkrankung und damit auch die Medikation schon lange andauert (wie das bei chronischen Erkrankungen der Fall ist).
- die chronische Erkrankung besonders schwer ist (und sich Resignation breit macht).
- der Patient bereits ein hohes Alter erreicht hat.
- die Krankheitseinsicht fehlt und die Krankheit nicht angenommen worden ist.
- Angst und Depressivität besonders ausgeprägt sind.
Da alle vorgenannten Gründe verständlicherweise die Patienten-Compliance negativ beeinflussen können, sollten Patient und Arzt gemeinsam diesen negativen Einflüssen entgegenwirken und versuchen, sie zu beherrschen.
Auswirkungen der Compliance-Probleme auf die Inhalationstherapie
Bei der Inhalationstherapie kommen zu allen genannten Compliance-Problemen noch solche dazu, die in der korrekten Anwendung des Dosieraerosols bzw. der Pulverinhalation liegen.
Zur Reduzierung oder vollständigen Beseitigung der Fehler lohnt es sich, die Verwendung des Inhalationssystems unter Anleitung zu üben und den richtigen Einsatz von Zeit zu Zeit überprüfen zu lassen.
Maßnahmen zur Compliance-Verbesserung
Seitdem Patientenschulung und Patientenverhaltenstraining praktiziert werden, weiß man – und eine Reihe Studien belegen es – dass strukturierte Maßnahmen dieser Art geeignet sind, die Patienten-Compliance zu verbessern und damit bessere Therapieergebnisse zu erreichen.
Grundsätzlich unterscheidet man heute zwischen:
Patienten-Information: Wissensvermittlung durch
- Broschüren
- Internet
- Selbsthilfegruppen
- Bücher
- DVD´s
- Videos
Mit diesen Methoden kann das Basiswissen der Patienten verbessert werden.
Patientenschulung:
Strukturierte, themenzentrierte, interaktive und durch ein berufsübergreifendes Schulungsteam durchgeführte Patientenschulung nach einem modular aufgebauten Schulungsprogramm.
Mit Programmen/Seminaren dieser Art wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Patientenverhalten verändert. Auf diese Weise kann die Patienten-Compliance verbessert werden.
Patienten-Verhaltenstraining
Patienten-Verhaltenstraining entspricht im Ansatz der oben beschriebenen Patientenschulung, allerdings ergänzt um Übungs- und Trainingsphasen. Vor allem geht es dabei um die fachgerechte Peak-flow-Kontrolle und um die Interpretation der Messergebnisse und um die damit verbundene Therapieanpassung. Zum anderen spielt das richtige Inhalieren – mit Dosieraerosol bzw. Pulverinhalationen – eine zentrale Rolle.
Die Inhalationstechnik wird unter Beobachtung eingeübt. Die mit dem Training verbundenen Kontrollen garantieren die Anwendung der richtigen Technik. Hierfür stehen von allen Dosieraerosolen Übungsgeräte, s.g. Placebos zur Verfügung. Desweiteren gibt es z. B. eine neue DVD „NOVABREATH“ (Fa. Novartis Pharma, Nürnberg), die sämtliche verfügbaren inhalativen Medikamente detailliert zeigt und Fehlermöglichkeiten nennt.
Darüber hinaus werden Motivationsstrategien vermittelt, die auf Verhaltensänderung angelegt sind.
Mit Maßnahmen der Patientenschulung und des Patienten-Verhaltenstrainings werden die notwendigen
- Wissensvermittlungen
- Fertigkeiten im Umgang mit Peak-flow-Meter und Inhalationssystemen
- Grundlagen vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Arzt geschaffen.
In verschiedenen Studien konnte nachgewiesen werden, dass
- Patientenschulung die allgemeine Patienten-Compliance verbessert. Geschulte Patienten halten sich eher an die Therapie-Vereinbarungen, die zwischen ihnen und dem behandelnden Arzt beschlossen werden.
- Patientenschulung mit speziellem Inhalationstraining den Einsatz von Dosieraerosolen oder von Pulverinhalationssystemen optimiert.
- Patientenschulung ein Mittel ist, die Vertrauensbasis gegenüber dem Arzt, den Therapiemaßnahmen und den Medikamenten zu verbessern.
- Patientenschulung die Kosten senkt, weil
- weniger Krankenhauseinweisungen und kürzere Krankenhausverweildauern für Patienten entstehen.
- weniger Notarzteinsätze bei geschulten Patienten notwendig werden.
- die Medikamente gezielter eingesetzt und richtig angewendet werden.
- Patientenschulung die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität des Patienten verbessert.
Obwohl also Patientenschulungsmaßnahmen
- entscheidend zur Compliance-Verbesserung und damit zum Therapieerfolg ganz grundsätzlich beitragen,
- auch die Anwendung von inhalativen Applikatoren verbessert, sollte die Forderung nach der Vereinfachung der Dosieraerosole immer wieder formuliert werden.
Einfachheit heißt in diesem Zusammenhang für den Patienten, z. B. atemzuggesteuerte Freisetzung der Substanz.
Das bedeutet, dass die Einatmung die Freigabe der Substanz aus dem Dosieraerosol auslöst. Der Patient muss nicht mehr auf eine Koordination der Einatmung bei gleichzeitigem Druck auf den Auslöser des Dosieraerosols achten.
Natürlich müssen bei solchen modernen Dosieraerosolen alle anderen technischen Vorraussetzungen erfüllt sein, wie z.B.
- Multidose-System
- Feuchtigkeitsunempfindlichkeit
- Dosiskonstanz bei geringem Einatmungssog.
Hier soll sich der Patient auf die Anbieter verlassen können.
Zusammengefasst sollte heute ein partnerschaftliches Arzt-Patienten-Verhältnis vorhanden sein, dieses ist getragen von gegenseitigem Vertrauen und gegenseitiger Achtung. Vorangehen muß die sachgerechte Instruktion und Aufklärung des Patienten, das Einbeziehen seiner Wünsche und Vorstellungen und der stete Versuch, den chronisch Kranken zu motivieren.
Prof. Dr. Wolfgang Petro, MVZ und Schlossberghof Bad Reichenhall, (4. Symposium Lunge in Hattingen/NRW).
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