Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen systemischer, d.h. als Spritze oder als Tablette gegebener Kortisonmedikamente sind leider umfangreich. Diese Nebenwirkungen sind aber ganz entscheidend von der Dosis, der Anwendungshäufigkeit, der Anwendungsform und vom gewählten Kortisonpräparat, von denen es für die verschiedenen Erkrankungen z.T. sehr unterschiedlich wirkende Substanzen gibt, abhängig. Beispiele für ernsthafte und unerwünschte Nebenwirkungen sind beispielsweise das sogenannte „Cushing-Syndrom“ mit u.a. Vollmondgesicht, Entwicklung einer Impotenz, Verstärkung eines bestehenden Diabetes mellitus, Fettverteilungsstörungen mit Überwiegen im Gesicht, am Nacken und am Stamm sowie Fettverlust an den Extremitäten, Knochenerweichung, Augenerkrankungen, Störung des Kortisonkreislaufes von Gehirn und Nebenniere und vieles andere mehr. Somit stellt sich für Arzt und Patienten gleichermaßen die wichtige Frage: Ist Kortison nicht viel gefährlicher als dessen Nutzen und gibt es vielleicht bessere entzündungshemmende Medikamente?

Therapiespektrum

Ungeachtet dieses Schreckenszenarios gilt zweifelsfrei, dass Kortison das wirksamste antientzündlich wirkende Medikament mit einer zu anderen Substanzen, die eine ähnliche Wirkung besitzen, vergleichsweise niedrigen Nebenwirkungsrate ist. Es wurde medizinhistorisch gesehen zum ersten Mal bei der Rheumaerkrankung eingesetzt, die durch eine entzündliche und schmerzhafte Deformierung der Gelenke gekennzeichnet ist?. Hier bewirkte Kortison wahre Wunder, womit diese Substanz bis zum heutigen Tag durchaus eine segensreiche Wirkung besitzt. Es gibt andere Beispiele für einen sinnvollen und wirkungsvollen Einsatz in der Medizin. Im allergischen Schock rettet es Menschenleben und es wird bei bestimmten Entzündungsformen, wie z.B. der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung oder Lungenerkrankungen, bei denen das Lungengewebe durch das eigene Immunsystem angegriffen wird, seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt.

Kortison wirkt auch lokal antientzündlich, z.B. in Form von Hautcremes und natürlich bei der inhalativen Therapie bei Asthma oder bei der COPD (chronisch-obstruktive Lungenerkrankung). Glücklicherweise und ganz wichtig für Patienten zu wissen ist,dass bei der lokalen Anwendung deutlich weniger Nebenwirkungen auftreten als bei der systemischen. Beim Asthma verhindert die inhalative Anwendung kortisonhaltiger Sprays das Risiko, von Asthmaanfällenund an Asthma zu versterben. Bei der COPD kann eine langfristige inhalative Kortisontherapie die Rate an akuten Verschlimmerungen (Exazerbationen) signifikant senken und zumindest im Trenddazu verhelfen, das Leben zuverlängern. Aber auch die inhalative Anwendung ist nicht völlig frei von Nebenwirkungen. Die häufigsten sind ein Pilzbefall von Mund und/oder Rachen und eine Heiserkeit, weswegen nach der Anwendung der Mund gespült werden muss. Man kann auch etwas essen, um die lokalen Medikamentenreste zu beseitigen. Moderne inhalative Kortisonpräparate werden in der Leber sehr schnell abgebaut, so dass auch bei hohen inhalativen Dosen systemische, d.h. den ganzen Körper betreffende Nebenwirkungen sehr selten sind.

Fazit

Natürlich gibt es Alternativen. Diese sind aber entweder antientzündlich schwächer wirksam oder haben noch größere Nebenwirkungen. Die gute Wirksamkeit von Kortison beruht auf der sehr breiten, d.h. auf vielen Ebenen der Entzündung eingreifenden Wirkung. Zusammenfassend bleibt es also leider dabei: Kortison ist beides - zwar ein Teufelszeug aber auch ein Lebensretter. Wie fast immer in der Medizin kommt es bei der Wirkung und den Nebenwirkungen auf die Dosis, die Applikationsform und die Therapiedauer an, die im Rahmen von Nutzen und Schaden auf die Erkrankung bezogen gegeneinander abgewogen werden müssen.


Prof. Dr. Adrian Gillissen, Klinikdirektor Klinik für Lungen- und Bronchialmedizin Klinikum Kassel, (5. Symposium Lunge in Hattingen/NRW).


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