COPD und Begleiterkrankungen
Die COPD ist eine Erkrankung, die den gesamten Organismus beeinträchtigen kann. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der COPD als einer Systemerkrankung. Als Folge hiervon weisen COPD-Patienten eine Fülle von anderen wesentlichen Erkrankungen, sog. Begleiterkrankungen, auf, die insbesondere die Prognose des Krankheitsverlaufes beeinflussen. Mehr als die Hälfte aller COPD-Patienten leiden in höherem Alter an mindestens drei zusätzlichen behandlungsbedürftigen Krankheiten. Die häufigsten Erkrankungsgruppen, die mit einer COPD einhergehen, sind:
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Störungen des Bewegungsapparates
• Infekte der Atmungsorgane
• Störungen des Stoffwechsels und des Verdauungstraktes
• Harninkontinenz
• Psychische Störungen
• Schlafstörungen
• Lungenkarzinome
Der kausale Zusammenhang zwischen der COPD und den verschiedenen Begleiterkrankungen ist vielfältig und oft wechselseitig. Ein wesentlicher Grund für die Häufung von Begleiterkrankungen bei COPD-Patienten ist zunächst die Tatsache, dass der Risikofaktor „Inhaltives Zigarettenrauchen“ natürlich auch andere Organsysteme beeinträchtigt bzw. schädigt. Als Folge treten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, häufigere Infekte der Atmungsorgane aber auch häufiger bösartige Lungentumore auf. Man geht aber auch davon aus, dass die für die COPD ursächlichen Entzündungsvorgänge nicht nur in der Lunge stattfinden, sondern sich auf den gesamten Körper sozusagen ausbreiten und damit in verschiedenen Organsystemen krankhafte Zustände hervorrufen. Die COPD mit ihrem Leitsymptom der Luftnot bzw. Belastungsluftnot führt aber auch zu einem mehr oder weniger erzwungenen Bewegungsmangel mit Störungen des Herz-Kreislauf-Systems, zu einem Muskel- und Knochenabbau sowie zu einer Zunahme des Körpergewichtes. Luftnot und Immobilität führen wiederum nicht selten zu einer mehr oder weniger ausgeprägten sozialen Isolation, die vielfältige psychische Störungen hervorrufen kann.
Nachfolgend soll auf die einzelnen Krankheitsgruppen, die Begleiterkrankungen der COPD sein können, näher eingegangen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie die Kranzgefäßerkrankung des Herzens (koronare Herzkrankheit), die Herzschwäche (Herzinsuffizienz), der Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie) sowie Lungenembolien kommen bei COPD-Patienten eindeutig häufiger als in der Allgemeinbevölkerung vor. Auch leiden COPD-Patienten häufiger an Herzrhythmusstörungen. Umgekehrt weisen Herzinfarkt-Patienten häufiger eine COPD auf (ca. 20 %). Die Beziehungen und Ursachen zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und COPD sind vielfältig und wechselseitig.
Die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) wird durch den gemeinsamen Risikofaktor „Rauchen“ gefördert. Eine Herzinsuffizienz kann vielfältige Ursachen haben, bei der COPD finden wir bei fortgeschrittenen Krankheitsbildern nicht selten einen Lungenhochdruck, der wiederum zu einer Belastung bis hin zur Schwächung des rechten Herzens (sog. Rechtsherzinsuffizienz bzw. „Lungenherz“ = „Corpulmonale“) führt. Sowohl die Entzündungsvorgänge im Rahmen der COPD, wie auch die verminderte Mobilität der Patienten, können zu einer Häufung von Lungenembolien führen. Herzrhythmusstörungen können Symptom der o.g. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, auch können verschiedene COPD-Medikamente (z. B. ß2-Sympathomimetika oder Theophyllin) Herzrhythmusstörungen auslösen. Schließlich ist dies auch der Fall, wenn eine Sauerstoffunterversorgung vorliegt. In jedem Fall muss der COPD-Patient stets auch kardiologisch untersucht und ggf. therapiert werden.
Störungen des Bewegungsapparates
Der COPD-Patient ist durch die Luftnot in seiner Mobilität erheblich eingeschränkt. Diese Immobilität ist der Wegbereiter für einen Muskelabbau sowie einen Abbau der Knochensubstanz (Osteoporose). Hinzu kommt, dass COPD-Patienten häufig auch systemisch mit Kortison behandelt werden müssen. Kortison wiederum ist ein Medikament, das sowohl den Muskel- wie auch den Knochenabbau fördert. Das beste „Gegenmittel“ gegen Muskel- und Knochenabbau stellt die Bewegung dar. Daher ist die Teilnahme an Lungensportgruppen sowie an anderen Rehabilitationsmaßnahmen für COPD-Patienten ein „Muss“. Auch muss eine übermäßige Osteoporose frühzeitig erkannt und ggf. auch medikamentös behandelt werden.
Infekte der Atmungsorgane
Infekte der Atmungsorgane sind beim COPD-Patienten ebenfalls häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Neben akuten Exazerbationen der COPD, die mit einer Bronchitis einhergehen, sind hier auch häufige Lungenentzündungen (Pneumonien) zu nennen. Dieses ist darauf zurückzuführen, dass die Atmungsorgane vorgeschädigt sind und damit Infekte leichter entstehen. Durch die häufiger angewandte Computertomographie der Brustkorborgane wissen wir auch, dass COPD-Patienten sehr häufig Aussackungen der Bronchien (sog. Bronchiektasen) aufweisen, die u.a. zu einer Häufung von Infekten führen. Auch kann das Immunsystem des COPD-Patienten - nicht zuletzt durch eine Kortisontherapie - in seiner Immunantwort auf Infekte geschwächt sein. Umso wichtiger ist es, dass der COPD-Patienten die Empfehlungen für Schutzimpfungen einhält.
Störungen des Stoffwechsels und des Verdauungstraktes
COPD-Patienten haben häufig Gewichtsprobleme. Eine Gruppe ist untergewichtig („Emphysemtyp“), die andere Gruppe ist übergewichtig („Bronchitistyp“). Als Ursache für eine Gewichtsabnahme wird eine verminderte Nahrungsaufnahme durch Luftnot und krankheitsbedingte Appetitlosigkeit angesehen. Darüber hinaus ist der Energiebedarf von COPD-Patienten durch die gesteigerte Atmung erhöht. Hier kann nur eine gezielte hochkalroische Ernährungstherapie helfen.
Auch die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sowie das sog. Metabolische Syndrom (eine Kombination aus Übergewichtigkeit, Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung) gehören zu den häufigen Begleiterkrankungen einer COPD. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung eines Diabetes mellitus oder eines metabolischen Syndroms ist daher gerade auch für einen COPD-Patienten von essentieller Bedeutung.
Viele COPD-Patienten leiden auch oft unter Sodbrennen. Dieses ist auf einen Rückfluss von saurem Magensaft in die Speiseröhre (Refluxkrankheit der Speiseröhre) zurückzuführen.
Harninkontinenz
Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass COPD-Patienten sehr häufig auch unter einer Harninkontinenz leiden, d.h. sie können den Zeitpunkt des Urinlassens nicht mehr genau steuern. Wesentliche Ursache sind Hustenanfälle, die zu einer erhebliche Drucksteigerung auch im Unterbauch führen können. Da mit zunehmendem Alter eine Harninkontinenz ohnehin häufig ist, sind COPD-Patienten besonders gefährdet. Eine frühzeitige urologische Beratung sollte daher angestrebt werden.
Psychische Störungen
Fast die Hälfte der COPD-Patienten leidet unter psychischen Störungen wie Angst und Depressionen. Die Ursachen sind vielfältig. Luftnotanfälle werden häufig als lebensbedrohlich empfunden und erzeugen Angst. Die COPD-Patienten fühlen sich darüber hinaus durch ihre Immobilität sozial isoliert, da sie nicht mehr am „normalen“ Leben teilnehmen können. Viele sprechen hierüber aber nicht, was zu einer weiteren Verschlimmerung der psychischen Situation führt. Wichtig ist daher, frühzeitig selbst die psychischen Symptome anzusprechen, aber auch sowohl von ärztlicher Seite wie auch vonseiten des Verwandten- und Freundeskreises aktiv auf den Betroffenen zuzugehen. Nur so kann fachspezifische Hilfe, die sehr gut etabliert ist, geboten werden.
Schlafstörungen
Unbedingt sollte bei einem COPD-Patienten nach der Qualität des Schlafs gefragt werden. Fast die Hälfte aller COPD-Patienten haben Schlafstörungen. Neben Medikamenten-Nebenwirkungen sind es nächtliche Luftnot- und Hustenanfälle, die den Schlaf stören können. Auch kann sich eine beginnende Depression in einer Schlafstörung äußern. Schließlich weisen manche COPD-Patienten erhebliche Verschlechterungen der Atmung im Schlaf auf, sei es durch eine zuätzliche Abflachung der Atmung (sog. Hypoventilation mit Anstieg des Kohlendioxiddruckes und Abfall des Sauerdruckes im Blut) oder aber durch ein zusätzlich bestehendes sog. obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, also einer krankhaften Verlegung der oberen Atemwege im Schlaf. Die schlafmedizinische Diagnostik und Therapie ist daher heute integraler Bestandteil der COPD-Behandlung.
Lungenkarzinome
Das inhalative Zigarettenrauchen ist der Hauptrisikofaktor für die Entstehung einer COPD. Dasselbe gilt für das Lungenkarzinom. COPD-Patienten, die geraucht haben oder sogar noch rauchen, haben daher ein gesteigertes Risiko für das Auftreten eines Lungenkarzinoms. Man weiß heute, dass das Lungenkarzinom gerade bei milder COPD eine der häufigsten Todesursachen ist. Dieses muss auch von ärztlicher Seite her stet im Augen behalten werden.
Prof. Dr. Kurt Rasche HELIOS Klinikum Wuppertal - Klinikum der Universität Witten/Herdecke (7. Symposium Lunge in Hattingen/NRW).
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