Medikamentöse Optionen zur Behandlung von COPD und Lungenemphysem
Die therapeutischen Verfahren, die für die in der COPD und übrigens auch für das Asthma bronchiale eingesetzt werden, teilen sich ein in:
Medikamente (Pharmakotherapie).
In dieser Gruppe werden wiederum differenziert:
• Bronchialerweiternde Substanzen (Bronchodilatatoren)
• Antientzündlich wirkende Substanzen
• Den Bronchialschleim mobilisierende Medikamente (Sekretolytika, Mukolytika)
Nicht-pharmakologische Verfahren:
• Bronchoskopische Behandlung des Lungenemphysem mit z.B. Coils (Spiralen), Ventile und andere
• Operative Verfahren, wie z.B. operative Emphysemchirurgie, Lungentransplantation
• Sauerstofftherapie (akut im Notfall oder als Langzeit-Sauerstofftherapie) und Beatmungsverfahren (nicht-invasiv, invasiv auf der Intensivstation)
• Rehabilitation inkl. Krankengymnastik, Atemtherapie, Lungensport
Auch wenn die Pharmakotherapie in der oben aufgeführten Liste scheinbar den kleineren Anteil der zur Verfügung stehenden Behandlungsverfahren haben, so stellt sie die wichtigste Möglichkeit dar, die COPD zu therapieren und soll deswegen hier skizziert werden. Im Gegensatz zur Bronchialverengung kann das Lungenemphysem nicht mit Pharmaka therapiert werden, da es sich dabei um eine irreversible Erweiterung der Lungenbläschen (Alveolen) handelt.
Prinzipien der Pharmakotherapie
Die medikamentöse Therapie richtet sich nach der Erkrankungsschwere, die sich über die Schwere der Lungenfunktionseinschränkung und der Symptomschwere (insbesondere Atemnot und deswegen Einschränkung der Lebensqualität), sowie dem Exazerbationsrisiko, d.h. der Wahrscheinlichkeit eine akute Erkrankungsverschlechterung zu erleiden, definiert. Ist die Lungenfunktion besonders beeinträchtigt, die Atemnot ausgeprägt und ist das Risiko für eine COPD-Exazerbation hoch, muss die medikamentöse Therapie intensiviert und im umgekehrten Fall deeskaliert werden.
Die Medikamente werden vorzugsweise inhalativ, können oder müssen, je nach Präparat aber auch oral eingenommen werden. Im Notfall werden die meisten Substanzen (Kortison, ß2-Mimetika) auch intravenös verabreicht.
Bronchialerweiternde Medikamente
Die Bronchodilatatoren können einzeln oder in Kombination eingenommen werden, während die antiinflammatorischen Substanzen nur zusammen mit einem Bronchodilatator anzuwenden sind.
Die Gruppe der Bronchodilatatoren werden eingeteilt in:
• Rasch- und langwirksame ß2-Mimetika:
Zu den ersteren gehören z.B. Salbutamol, Terbutalin, Fenoterol, die innerhalb der ersten Minute für ca. 4 h wirken, zu den letzten zählen Formoterol, “das auch rasch wirkt“, Salmeterol, Olodaterol und das Indacaterol. Formoterol und Salmeterol haben eine 12-stündige Wirkungsdauer und müssen 2x/Tag, das (allerdings sehr teure) Indacaterol und Olodaterol brauchen mit einer Wirkungsdauer von 24 h nur 1x täglich inhalativ appliziert werden. Einige kurzwirksame ß2-Mimetika können im Notfall auch intravenös gegeben werden.
• Schnell- und langwirksame Anticholinergika:
Zu den ersteren gehört nur Ipratropiumbromid, das innerhalb von einer Minute wirkt und daher auch im Notfall eingesetzt werden kann. Zu den letzteren gehören das 24 h wirksame Tiotropiumbromid und Glycopyrronium sowie das 12 h wirksame Aclidiniumbromid. Anticholinergika können in der Pneumologie nur inhalativ angewendet werden.
• Theophyllin:
Theophyllin bleibt wegen der geringen bronchialerweiternden Wirkung und den vielen Nebenwirkungen wie z.B. Händezittern, allgemeine Unruhe, Schlafstörungen, schneller Herzschlagt Medikament der letzten Wahl. Es steht für den Notfall in intravenöser Form und für die Dauertherapie als Tablette zur Verfügung. Wegen der Nebenwirkungen muss bei der Dauertherapie der Theophyllinspiegel im Blut bestimmt werden, der nicht zu hoch liegen darf.
Antientzündliche wirkende Substanzen
Zur Gruppe der antientzündlichen Medikamente gehören
a) kortisonhaltige Präparate für die inhalative, orale und intravenöse Applikationsform und
b) Roflumilast, eine Substanz, die ein wichtiges die Entzündung förderndes Enzym, die Phosphodiesterase-5, hemmt.
Inhalative Kortisteroide (ICS) sind nur bei Patienten mit einer erhöhten Exacerbationsrate indiziert, dazu zählen z.B. Beclomethason, Fluticason, Budesonid.
Sie müssen mit einem der o.g. langwirksamen bronchialerweiternden Medikamente kombiniert werden. Für die leichtere Anwendung und zur Vermeidung eines zusätzlichen Inhalers stehen Kombinationspräparate zur Verfügung (s.u.), wie z.B. Budesonid/Formoterol, Fluticason/Salmeterol, Formoterol/Vilanterol oder Beclomethason/Formoterol. Die Daueranwendung oralen Kortisons ist mit einem erhöhten Risiko an einer Lungenentzündung oder schwereren Exazerbationen zu erkranken oder sogar frühzeitig zu versterben, assoziiert.
Hemmung der Phosphodiesterase
Der Phosphodiesterase-4-Inhibitor (PDE-4-Hemmer) Roflumilast steht nur als Tablette zur Verfügung und ist als Dauertherapeutikum bei der schweren COPD mit begleitender chronischer Bronchitis mit dem Ziel der Exazerbationssenkung zugelassen. Das Präparat entfaltet seine Wirkung erst nach einigen Wochen. Roflumilast ist nicht immer gut verträglich. Es können gerade bei Therapiebeginn Durchfälle, Bauchschmerzen sowie Kopfschmerzen und Gewichtsverlust auftreten.
Kombinationspräparate
Augenblicklich wird der Pharmamarkt mit einer Fülle von inhalativen Kombinationspräparaten regelrecht geflutet. Neuzulassungen und Zulassung von Nachahmerprodukten sind gegenwärtig häufig, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass Sie von Ihrem Arzt ein solches Kombinationspräparat verschrieben bekommen. Der Vorteil liegt in der Anwendung von zwei Substanzen während einer einzigen inhalativen Anwendung und einer besseren Wirksamkeit gegenüber der jeweiligen Einzelsubstanz. Es stehen ß2-Mimetika/Anticholinergika und ICS-Kombinationen mit einem bronchialerweiternden Medikament zur Verfügung. Derzeit wird auch an Präparaten gearbeitet, die alle drei Wirkprinzipen miteinander vereinen (ß2-Mimetikum/Anticholinergikum/ICS).
Bronchialschleim lösende Medikamente
Bei der Bronchitis, die durch die Symptome Husten und Auswurf definiert ist, können zumindest temporär angewendete Medikamente, so genannte Mukolytika oder Sekretolytika, zur Verflüssigung eines zähen Bronchialschleims und bei einem bakteriellen bronchialen Infekt auch Antibiotika eingesetzt werden. Man unterscheidet hier zwischen:
• Chemischen Substanzen, z.B. N-Acetylcstein, Ambroxol, und
• pflanzlichen Produkten, den so genannten Phytopharmaka, wie z.B. Myrtol, Cineol, Thymian.
Obwohl diese Medikamente von vielen Patienten oft als wohltuend und für die Symptome Husten und Auswurf empfunden werden, sehen Ärzte vor allem deren Langzeitanwendung kritisch, da in wissenschaftlichen Studien nicht generell objektiv messbare Erfolge nachgewiesen wurden, bzw. für viele Präparate gar keine Studien existieren. Die beste Datenlage liegt vor für Myrtol, Cineol und für hohe Therapiedosen (1.200 – 1.800 mg/Tag) in Abhängigkeit von dem in Studien gewählten Erfolgsparametern, auch für N-Acetylcystein.
Antibiotika
Antibiotika bekämpfen Bakterien, nicht jedoch Viren! Da die akute Bronchitis häufig durch Viren verursacht wird, sind in diesem Fall Antibiotika wirkungslos. Die Domäne dieser Medikamentengruppe sind bakteriell verursachte Infektionskrankheiten. Klinische Hinweise für einen bakteriellen Infekt sind Fieber, erhöhte Entzündungswerte im Blut, gelber oder gelb-grünlicher Auswurf. Typische bakterielle Erkrankungen sind z.B. eine Lungenentzündung, eine eitrige Mandelentzündung oder ein Harnwegsinfekt. Antibiotika sind verschreibungspflichtig und werden meistens 5-7 Tage, in schweren Fällen bis zu 10-14 Tage angewendet. Sie können oral oder intravenös verabreicht werden.
Prof. Dr. Adrian Gillissen, Klinikdirektor Klinik für Lungen- und Bronchialmedizin am Klinikum Kassel, (8. Symposium Lunge in Hattingen/NRW).
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